Grundlagen – Human Factors und Patientensicherheit
Die Patientensicherheit ist in den vergangenen Jahren verstärkt in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung geraten, weil die Bürger eine zunehmende Sensibilität im Umgang mit medizinischen Fehlern und Vorkommnissen entwickelt haben.
So kann das Image eines Krankenhauses inzwischen bereits durch ein einzelnes medienwirksames Ereignis über Jahre hinweg nachhaltigen Schaden erleiden. Ein Beispiel dafür sind die zahlreichen Organspende- oder Bakterienskandale an großen Top-Kliniken in den letzten Jahren.
Safety, also die Sicherheit bei der medizinischen Leistungserbringung, wird somit mehr und mehr zu einem Wettbewerbsfaktor. Krankenhäuser sehen sich daher zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert, ihre Organisationsstrukturen auf diese Entwicklungen auszurichten. Vor diesem Hintergrund scheint es nur noch eine Frage der Zeit, dass Safety im deutschen Krankenhauswesen flächendeckend als festes Unternehmensziel verankert wird. Um unter diesen Bedingungen langfristig am Markt erfolgreich agieren zu können, ist eine frühzeitige und gezielte Ausrichtung an den neuen Markterfordernissen notwendig. Die Kernfragen, die dabei auftreten, lauten:
- Was sind unsere Safety-Ziele?
- Wie sicher ist unser Krankenhaus heute?
- Wie erreichen wir operative Sicherheit?
- Wie können wir unsere Mitarbeiter „abholen“ und „mitnehmen“?
- Wie schaffen wir eine Safety-Kultur?
- Wie messen wir Fortschritte im Safety Bereich?
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Patientensicherheit und Ökonomie –
Zwei Seiten der derselben Medaille
Setzt man sich systematisch mit diesen Fragen und den Antworten zur Patientensicherheit auseinander, werden immer auch Prozessverbesserungen identifiziert und angestoßen (Aufgabenverteilung, Verantwortlichkeiten, Kommunikation). Diese führen zu einer verbesserten Ablaufeffizienz. Im Ergebnis bedeutet dies: Mehr und besseres Schaffen in der gleichen Zeit. Safety und Ökonomie sind also kein Widerspruch, sondern zwei Seiten derselben Medaille! Denn mit Bemühungen um mehr medizinische Sicherheit ist mittel- und langfristig auch den stetigen Sparbemühungen gedient. Eine systematische Safety-Ausrichtung von Organisation und Personal trägt aus ökonomischer Perspektive zu einer Minimierung der Arbeitsfehler bei, die durch unsachgemäße Arbeitsdurchführung entstehen. Dadurch sinken sowohl die Fehler- wie auch die Fehlerkorrekturkosten.
Es wird deutlich, dass medizinisches Handeln auch in Zukunft hohes fachliches Können erfordert – aber eben nicht mehr ausschließlich. Für substanzielle Verbesserung bei der Patientensicherheit und auch für die Reduktion der Kosten müssen zusätzlich die interpersonellen Fähigkeiten und die Prozessorientierung medizinischen Personals stärker in den Fokus der Mitarbeiterqualifikation rücken.
Neben Effizienz bzw. Kosten zählt also auch Patientensicherheit zu den Topthemen dieser Dekade.
Es müssen nicht immer die ganz großen Tragödien sein, wie unser Beispiel zum KLM Absturz einer 747 auf Teneriffa auf dieser Seite. Sehr dramatische Ereignisse kommen auch in der Medizin zum Glück nur selten vor. Sie bilden die sichtbare Spitze des Eisbergs menschlicher Fehler (Human Errors). Meistens endet Fehlverhalten von Ärzten, Pflegern und Notfallmedizinern im Rettungsdienst glücklicherweise weitaus unspektakulärer und findet im betrieblichen Alltag jenseits der Öffentlichkeit statt. Diese kleineren Fehler kennt jeder von uns: ein falscher Eintrag in eine Patientenakte, die verspätete Gabe eines Medikamentes, einen Befund übersehen oder vergessen eine Untersuchung anzumelden. Solche Fehler kosten Geld. Zudem können sie die Patientensicherheit gefährden und Zeit und die eigene und institutionelle Reputation verschlechtern. Dies ist umso ärgerlicher, da die meisten Vorkommnisse leicht vermeidbar sind.
Um es nicht so weit kommen zu lassen, bedarf es des Wissens um die menschlichen Faktoren (Human Factors).
Human Factors Trainings und Crisis Resource Management (CRM) als Lösung
Nun verfügt nicht jedes Krankenhaus oder jeder Rettungsdienst über strukturierte Qualifikationssysteme mit transparenten Ausbildungs- oder Personalentwicklungspfaden. Überhaupt sind viele Elemente einer ganzheitlichen Qualifikation im Gesundheitswesen nur schwach verbreitet, insbesondere im Bereich prozessualer und interpersoneller Kompetenz.
Hier helfen CRM-Trainings (Crisis Resource Management) bzw. Human Factors Trainings. Sie sollen helfen jene Umstände und Gegebenheiten zu beherrschen, die den Menschen in seinem Handeln alleine oder im Team negativ beeinflussen. Die Human Factors umfassen charakterliche Fähigkeiten und Grenzen, wie Wahrnehmungsfähigkeit, Stressresistenz, Anpassungsbereitschaft, Teamfähigkeit oder Dominanzverhalten. Darüber hinaus nimmt auch das soziale Umfeld erheblichen Einfluss auf die Human Factors. Hierbei spielen vor allem Teamwork und die Herausforderungen in Verbindung mit Kommunikation eine tragende Rolle. Human Factors Trainings schaffen ein Bewusstsein für deren Einfluss im betrieblichen Alltag.
Da Human Factors Trainings bzw. CRM-Trainings (Crisis Resource Management) bisher keine flächendeckende und systematische Verbreitung gefunden haben, hängen die Früchte noch tief. Daher ist ein hoher Basiseffekt zu erwarten. Wer konsequent ist, wird rasch Ergebnisse feststellen. Unser E-Learning bildet hier einen wichtigen Anfang zur Grundlagenvermittlung.
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Teile dieses Textes sind Hinsch et al. (2016) „Erfolgsfaktoren Effizienz und Sicherheit – Was die Medizin von der Luftfahrt lernen kann“ entnommen.
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